Zwei finstere Vermummte kauerten im Schein einer Laterne auf dem Klinikgelände. Die größere der beiden schluckte. »Vielleicht ist die Idee doch nicht so gut?«
»Klappe halten. Weiter malen.«
Bella schob die Ski-Maske hoch und schnaufte durch. »Mann, unter dem Ding gehst du bei dem Wetter ein.«
Fliff zog sie ihr wieder über das Gesicht. »Wer ein Verbrecher sein will, muss leiden. Und jetzt mal weiter!«
»Wie denn, bei der trüben Hoflampe!« Sie kicherte und hob Fliff vor ein Fenster.
Fliff begutachtete sich im spärlichen Licht kritisch. »Gib mal den Kajal her.« Sie zog die dicken schwarzen Ringe um die Augen nach. »Perfekt. Lass uns Unheil und Verderben über die Menschheit bringen.«
Auf Zehenspitzen schlichen die beiden über den Hof. Nach jedem Schritt schauten sie in beide Richtungen, ermahnten sich gegenseitig still zu sein und kamen aus dem Kichern nicht mehr raus. Vor der Tür zum Küchentrakt hielten sie. Bella zog die Kapuze ihres schwarzen Umhangs tief ins Gesicht. Sie drückte die Klinke runter. »Mist. Abgeschlossen.«
Fliff hopste auf den Sims. »Den Köchen ist es zu warm.« Sie verschwand durch das gekippte Fenster ins Dunkel. Bella hörte es von drin scheppern und fluchen. Dann schwang die Tür auf. Fliff hing von der Klinke und grinste über beide Ohren.
Bella setzte sie auf ihre Schulter und leuchtete mit der Lampe ihres Handys in den Raum. Im Nu hatte sie einen großen Topf in der Hand und sortierte verschiedene Kochlöffel hinein. Sie runzelte die Stirn und packte auf Verdacht allerlei Besteck dazu. Sie schloss die Augen und dachte nach. Zucker. Wäh! Aber wie kriegt man die Pampe sonst haltbar? Sie wühlte die Schränke nach Gelierzucker durch. Nichts. »Scheiß drauf!« Eine Tüte Zucker landete im Topf.
An der Tür blieb sie stocksteif stehen. »Mist. Einen Ofen habt ihr nicht zufällig im Wald?«
»Nö. Aber Holz.«
Bella blies die Backen auf. »Das wird ja richtig romantisch.« Sie lief zurück, kruschtelte in den Schubladen und ergänzte ihr Diebesgut durch Grillanzünder.
»Vergiss die Streichhölzer nicht!«
»Hab ich schon!« Triumphierend hielt sie die Schachtel hoch. Ein letzter Blick nach rechts, einer nach links, und zwei Schatten verschwanden gackernd zwischen den Bäumen.
Ein paar letzte Flammen loderten in der Nacht auf, dann glühten die Scheite nur noch und tauchten die Lichtung in ein rotes Licht. Bella besah sich ihr Werk misstrauisch. Der Brei tropfte zähflüssig vom Löffel. »Sicher, dass wir nichts falsch gemacht haben?«
Fliff leckte sich die Lippen. Im Schein der Glut erschienen ihre Augen riesig. »Sicher dass ich Fachmann, äh -frau der Kochkünste bin? Hast du nichts von Vicky gelernt?«
»Pft! Der muss der Rauchmelder sagen, wann ihr Spiegelei fertig ist.« Sie rührte nachdenklich im Topf. »Hab alles genau so gemacht, wie es im Podcast stand. Von Nebenwirkungen keine Rede.«
»Mische Früchte und Zucker zu gleichen Teilen und koche sie auf. Klingt nicht nach dem Nobelpreis. Darf ich jetzt endlich kosten?«
»Wenn du unbedingt willst. Aber Vorsicht, heiß!« Sie hielt Fliff den Löffel hin. »Die Blogger haben auch bestimmt noch nie magische Himbeeren verwurschtelt.«
Im Handumdrehen hatte Fliff den Löffel leer geschleckt. »Woa! Du bist eine Göttin. Noch einen! Noch einen!«
Bella kam dem Wunsch nach. Während Fliff lautstark beschäftigt war, tauchte sie einen Finger in den Sud und leckte ihn zögerlich ab. Sie keuchte auf und bekam große Augen. »Oh mein Gott, ist das lecker!«
Das Feuer war noch nicht heruntergebrannt, da lag der Topf blitzblank im Gras.
Fliff hatte die Augen halb geschlossen. »Das mit dem Vorrat hat nicht ganz geklappt.«
»Hu, mir wird schwindelig.« Bella setzte sich neben Fliff und lehnte sich an einen Baum. Sie fühlte sich leicht, alles verschwamm vor ihren Augen. Sie sah zur Feuerstelle. Die Holzscheite glühten – grau. Die ganze Lichtung hatte das Rot verloren. »Oh, oh!« Ihre Stimme war ein hohes Piepsen.« Bella riss die Augen weit auf. Alles um sie herum war hell, obwohl der Mond noch am Himmel stand. Und die Farben stimmten einfach nicht. Sie wollte sich aufsetzen. Ihr Bauch war im Weg. Rund und schwer – und haarig. »Fliff! Hilfe!«
Eine tiefe Stimme grollte im Bass neben ihr. »Mama!«
Bella drehte sich um. Ein gewaltiges Monster saß neben ihr. Es trug ihre Klamotten. Es hatte ihr Gesicht, und darin die blanke Panik. Bella zwang sich mit aller Kraft, an sich herabzusehen. Unter ihrem Bauch liefen kurze Beine in Zehen mit scharfen Krallen aus. Und zwischen ihren Beinen zuckte ein Schwanz hin und her.