Eine kleine Bildbetrachtung
——————————————————————————————————-
Das Windlicht
Die Tage wurden länger, die Hektik ebbte ab, sie hatte wieder etwas Zeit für sich selbst. Sacht wiegte sie sich hin und her. Die Menschen hasteten um diese Jahreszeit an ihr vorüber, den Blick starr nach vorne gerichtet, die Krägen hochgeschlagen. Sie hatten keinen Blick für den knietiefen Schnee, der eine wundervolle Kulisse für das strahlende Blau des Hauses bot. Sie nahmen sich nicht die Zeit für einen Gruß oder ein paar nette Worte.
Sie warf einen mitleidigen Blick auf die Passanten. Ein Mann, dick eingepackt wie ein Michelinmännchen, zerrte einen Schlitten vorbei, auf dem ein missmutig dreinblickendes Vorschulkind saß. Ein Mädchen lief voll gegen einen Baum, ihr Handy fiel ihr aus der Hand. Sie sah sich hektisch um, aber keiner schenkte ihr Beachtung.
Sie seufzte tief. Früher, ja früher, da hatten sie sich hier getroffen, genau hier. Sie boten sich gegenseitig Zigaretten an und tauschten Neuigkeiten aus. Oder Nettigkeiten. Ihr wurde ganz heiß bei der Erinnerung, und sie leuchtete ein wenig rot.
Die Schatten wurden länger, die blasse Sonne ging über dem Kamm unter, das Tal versank in Nacht. Aus dem Haus drang Klappern und Poltern. Wenig später kam ein alter Mann zur Tür heraus und schloss sie sorgfältig ab. Liebevoll sah sie ihn an. Wie viele Jahre kannten sie sich jetzt schon? Jeden einzelnen Morgen ihres Lebens erwachte sie durch seine Berührung, sein Gesicht war das erste, was sie sah. Jeden Abend verabschiedete er sie, und sie schloss ihre Augen.
Er schaute zu ihr auf, lächelte, legte seine Finger auf ihren Schalter, und ...‹